Triple Ultra Triathlon - Lensahn 2022

Klassenfoto Triple Ultra Triathlon Lensahn 2022

Der DATEV CHALLENGE war gerade einmal 3 Wochen her, da saß ich schon wieder im Auto auf dem Weg nach Lensahn und fuhr dem nächsten Abenteuer entgegen. In Roth konnte ich meine persönliche Bestzeit verbessern und "the good old race" in 10:35h finishen und ich war schon sehr gespannt wie ich mich bei meinem ersten Triple schlagen würde, d.h. 11,6km Schwimmen, 540km Rad und 126km Laufen.

Der Bequemlichkeit halber verzichtete ich auf's Camping und hatte stattdessen für Simone und mich eine Ferienwohnung in Lensahn gemietet. Ich wollte vor dem Wettkampf in einem normalen Bett schlafen. 

Die Tage kurz vor Abfahrt gen Norden waren wie bei jedem Wettkampf mit den entsprechenden Aufgaben angefüllt und sorgten nicht selten für den einen oder anderen stressigen Moment. Schließlich war es aber irgendwann soweit. Die letzte Trainingseinheit war beendet, die Koffer gepackt und im Auto verstaut, der Tank voll und die Route im Navi eingegeben. 

Nach knapp 8h Autofahrt kamen wir in Lensahn wohlbehalten an und bezogen unser Quartier, welches nur 10 Gehminuten vom Austragungsort entfernt lag. So konnte Simone bequem zwischen Wohnung und Schützenplatz hin- und her pendeln. Ein Klapprad hatten wir ebenfalls im Gepäck, das uns kleine Fahrten erleichtern sollte. 

Donnerstag 8h morgens suchte ich einen passenden Platz für meinen Versorgungspunkt auf der Radstrecke. Man ist dazu aufgefordert sich wie z.B. in Emsdetten, selbst zu versorgen. Ein freier Parkplatz war gerade noch in höhe Schützenplatz frei, den ich auch gleich in Beschlag nahm. Hier stellten wir einen Pavillon auf, der als Versorgungsstation für das Radfahren dienen sollte. Sobald ich auf der Laufstrecke wäre, würde Simone den Pavillon verlegen müssen. Doch das kam erst später. 


Die Versorgungsstelle an der Radstrecke steht.

Was uns sofort auffällt: im Norden ist es einige Grad kühler als im Süden und ich verfluchte mich, dass ich meine Daunenjacke und lange Radhose Zuhause vergessen hatte. Bei einem Strandspaziergang in Dahme war ich mir noch ziemlich sicher alles eingepackt zu haben. Leider Fehlanzeige. Ich hoffte, dass es nachts nicht zu kalt werden würde. 

Als Simone und ich tagsüber die Versorgungsstelle an der Lübecker Straße einrichteten, machten wir  Bekanntschaft mit Michael aus Bad Tölz, der ursprünglich aus Eutin, also aus der Nachbarschaft kam und der noch zu Beginn ein bisschen haderte, wo er seinen Campingbus am besten parkt. Er war bereits in Lensahn am Start gewesen und so kam ich anhand seiner Erzählungen an wertvolle Informationen und Tipps für den Wettkampf. 

Die Wettkampfbesprechung fand um 11h statt und beschränkte sich auf das Wesentliche. Kurz und knapp von Bernhard Vogel vorgetragen, der die Location und das Reglement beschrieb. Nach einer Stunde war die Besprechung auch schon wieder vorbei. Vorstellung der Athleten, Sponsoren, Wettkampfleitung, Helfern sowie Pasta-Party und Übergabe des Race-Chips sollten am Abend stattfinden. 

Tagsüber machten Simone und ich noch diverse Besorgungen und genossen ein paar ruhige Stunden in der Ferienwohnung, bevor es zur Pasta-Party ging. Dort wurden die Teilnehmer des Double und Triple sowie 24h Lauf einzeln vorgestellt. Meine Startnummer war die 2, demnach wurde ich direkt nach Thorsten Eckert (dem Favoriten) aufgerufen um meinen Rucksack und Race-Chip in Empfang zu nehmen. Begrüßt wurden wir alle von Extremsportler Wolfgang Kulow persönlich, der Gründer des Triple Ultra Triathlon in Lensahn. 

Es stand mir eine unruhige Nacht bevor. Ich schlief nur mäßig und wachte um 5h sehr gerädert auf. Trotzdem war ich sofort  voller Tatendrang  und wir trafen die letzten Vorbereitungen für ein erfolgreiches Rennen. 

Um 06:45h trafen wir im Schwimmbad ein, rasch zog ich meinen Neoprenanzug an, stellte meine Verpflegung an den Beckenrand und schaffte es gerade noch meine Stoppuhr zu starten, da fiel auch schon der Startschuss. 

Schwimmstart um 7:00h

SCHWIMMEN:

Wir waren zu fünft in Bahn 1. Ich reihte mich beim Schwimmen zunächst an 4. Position ein und beobachtete das Feld und vor allem das Tempo. Ich hatte ziemlichen Respekt vor den 11,6km, insgesamt 228 Bahnen. Nicht unbedingt eine Distanz, die man im Training mal so schwimmt. Meine längste Einheit im Becken waren 4km. Auf gar keinen Fall wollte ich über-pacen. Also wartete ich erst einmal im Wasserschatten der anderen Schwimmer und sparte so wertvolle Körner. Nach und nach hielten die Schwimmer vor mir am Beckenrand um sich zu verpflegen und so rückte ich nach ca. 90min auf Position 2 direkt hinter Thorsten Eckert vor, der bis dahin das Feld anführte. Mein Plan war zu warten bis er sich ebenfalls eine Pause gönnte um etwas zu trinken, dann wollte ich überholen und meinen Vorsprung direkt ausbauen. 

Im Flow, in meinem Element

Nach ca. 100min war es dann soweit und ich konnte zum Überholen ansetzen. Thorsten blieb zunächst direkt hinter mir, in meinem Wasserschatten. Da mir das nicht so gut gefiel, fing ich an etwas intensiver zu arbeiten. Langsam gewann ich an Vorsprung. Schließlich schaffte ich es das gesamte Feld mehrmals und Thorsten einmal zu umrunden bevor ich nach 03:15:15 als erster aus dem Becken kletterte. Simone hatte mir bereits während dem Schwimmen immer wieder signalisiert auf welcher Position ich mich befand. Sie war sichtlich überrascht mich soweit vorne zu sehen.

Am Beckenrand begrüßte ich kurz Bernhard Vogel und joggte zu meinem Fahrrad, wo bereits Simone auf mich wartete. Da ich nur ca. 1:30min auf Thorsten Eckart rausgeholt hatte, war mir klar, dass er mich spätestens auf dem Rad überholen würde. Es war schon ein geiles Gefühl ein Rennen anzuführen, wenn auch nur kurz. Weil ich mich jedoch kurz in die Umkleidekabine zum Umziehen begab, bekam ich gar nicht mit, wie ich überholt wurde.

First man out of the water nach 03:15:15 - Abklatschen mit Bernhard Vogel, der das Triathlon-Wochenende superb moderierte

RAD:

Es war ca. 10:30h als ich mich auf der Radstrecke befand. Die Strecke verlief vom Wendepunkt am Schützenplatz auf der Lensahner Straße nach Beschendorf, wo direkt am Ortseingang ebenfalls gewendet wurde. Hin und zurück betrug die Strecke 8,1km,  die 68 x zurückgelegt werden musste. 

Was für mich ungewohnt war, war die Tatsache, dass die Straße nicht komplett für den Verkehr gesperrt war. Es gab Teilabschnitte auf denen das Tempo auf 30km/h reduziert wurde und ein paar Hinweisschilder mit dem Aufdruck: "ACHTUNG RADRENNEN TAG UND NACHT". Wir teilten uns die Straße also mit Stadtbussen, Traktoren und den Anwohnern. Für letztere habe ich  auch absolutes Verständnis. Trotzdem war es sehr befremdlich auf einer nicht gesperrten Straße ein Radrennen bzw. einen Triathlon durchzuführen. Anscheinend ließ sich das nicht anders lösen. Schade, weil ich mich nicht immer sicher fühlte. Vor allem machte ich mir um Simone Sorgen, die am Streckenrand stand, während der Verkehr an ihr vorbeibrauste. 


Zum Glück habe ich Armlinge und mehrere Trikots dabei, die Nacht war relativ frisch

Nach ein paar Stunden auf dem Rad wurde ich von Joachim Lingnau überholt. Die Rad-Sitzposition von ihm sowie von Thorsten waren überragend. Sie fuhren hochkonzentriert ihre Runden und saßen wie festgeschraubt auf dem Sattel. Ihren Crews bellten sie kurze Kommandos zu, eingespielte Teams, alles schien wie am Schnürchen abzulaufen. Für mich war schnell klar, wer hier um den Sieg kämpfen würde

Als es zu dämmern begann und wir unsere Lampen am Rad einschalteten, wurde mir langsam kalt. Ich hielt kurz an und zog ein weiteres Trikot sowie Armlinge an um mich zumindest ein wenig vor der Kälte zu schützen. Ich bereute nun sehr, dass ich vergessen hatte meine lange Hose und warme Jacke einzupacken.

Meine Versorgungsstelle an der Radstrecke, richtig gemütlich

Irgendwann in der Nacht bekam ich Kreislaufprobleme. Ich begann alles doppelt zu sehen. Aus einer Fahrradleuchte wurden plötzlich zwei und ich rechnete damit, dass mir ein Auto entgegenkommt. Ich erkannte sofort meine Situation und machte am Zelt bei Simone eine Pause. Gerade als ich absteigen wollte, bekam ich meine Schuhe nicht mehr aus den Klickpedalen und fiel einfach um. Sofort sprang Simone auf und Kollegen von anderen Crews eilten zur Hilfe und richteten mich wieder auf. Dankend ließ ich mich in den Campingstuhl fallen. Ich begann zu zittern und zu frieren. Simone wickelte mich in einen Schlafsack, legte meine Füße hoch, kochte eine heiße Nudelsuppe für mich und flößte mir heißen Tee ein. Langsam begann ich mich besser zu fühlen. Nach ca. 40min war ich bereit den verbliebenen Rest der Strecke in Angriff zu nehmen. 

Tiefpunkt auf dem Rad - eine heiße Suppe hilft

Kurz nach 7h Samstagmorgen nach 24:36:11h war das Radfahren soweit durch. Ich lag auf dritter Position. Gar nicht schlecht dachte ich. Zumal mein Ziel die Bewältigung der Distanz und des Wettbewerbs und weniger die Platzierung war. Ich erzielte die besten Ergebnisse, wenn ich locker und unbefangen an Wettkämpfe heranging, wenn für mich das Abenteuer im Vordergrund stand und weniger eine Position oder eine Ziel-Zeit. Druck wirkte sich nicht immer positiv auf ein Rennen aus. Manchmal kam der Spaß dadurch zu kurz und an seiner Stelle rückten Verkrampfung und zunehmende Verbissenheit. 

Deshalb gönnte ich mir in der Wechselzone erst einmal eine Massage für meine Beine und Schultern. Ich fühlte mich unheimlich steif und durchgefroren. 

LAUFEN:

 Es galt 98 x das Gelände um den Schützenplatz und dem Stadion zu umrunden. So richtig wollte ich in den Morgenstunden nicht in die Gänge kommen. Thorsten und Joachim drehten Runde um Runde wie ein Uhrwerk, während es bei mir alles andere als rund lief.  Deswegen gabs zum  Frühstück eine kalte Pepsi und eine Handvoll Gummibärchen. Der Zucker belebte mich und gab mir neue Energie. Während ich so still leidend meine Runden drehte, verlegte Simone mit Hilfe einiger Kollegen des Lensahner Triathlon Vereins den Pavillon von der Rad auf die Laufstrecke, damit ich mich auch dort gut versorgen konnte.

Eine kleine Pause zum löffeln einer weiteren Nudelsuppe

Irgendwann Mittags tauchte an der Kreuzung zur Meiereistraße ein Radfahrer auf und fragte mich ob es sich hier um den Triple Ultra Triathlon handelte. Noch bevor ich antworten konnte, dachte ich "Hey das Gesicht kennst du doch!" Es handelte sich um Andreas, der sich auf einer Reise Quer durch Deutschland, von Süden nach Norden befand. Sein Ziel war die Insel Fehmarn und das alles mit seinem Fahrrad und leichtem Gepäck. Andreas kannte ich vom Wolff Sports Ultratrail aus Feucht. Damals waren wir Leidensgenossen auf dem fränkischen Dünenweg. FB und Social Media sorgten leicht dafür, dass man in Kontakt blieb. Jedenfalls war sein Besuch eine willkommene Abwechslung. Wir unterhielten uns miteinander, während er mich auf einer Runde begleitete. Ich war Feuer und Flamme für sein Abenteuer, Deutschland auf dem Rad zu durchqueren. Geschlafen wurde im Biwack-Sack entlang des Wegs. Schließlich verabschiedeten wir uns und jeder machte sich wieder auf seinen Weg.


Die Erschöpfung wird langsam sichtbar...

Kurz danach traf ich auf den führenden Thorsten Eckert. Er berichtete mir, dass Joachim Lingnau sein Rennen vorzeigt wegen gesundheitlicher Probleme beendet hatte und nicht mehr laufen konnte. Er war schweren Herzens nach 58 Laufrunden ausgestiegen. 

Thorsten zeigte sich sehr beeindruckt von meiner Schwimmleistung, da ich ihn überrundet hatte und lobte meine Strategie "du machst einfach dein Ding, ohne Dich vom Drumherum ablenken zu lassen. Für mich warst du schon gestern einer der Favoriten, die hier gewinnen können!" Das ging natürlich runter wie Öl und motivierte mich ungemein weiter am Ball zu bleiben. Thorsten sollte den Triple 10h vor mir beenden. Nachmittags konnte ich seinen Zieleinlauf auf dem Schützenplatz miterleben und freute mich sehr für ihn, dass er seinen Titel ein weiteres mal verteidigen konnte. 

Nachmittags drehte ich zunächst ein paar Runden mit Michael, der sichtlich litt, zumal die Temperaturen mittlerweile sommerliche Werte angenommen hatten. Simone organisierte eine Packung Wassereis, dass wir uns sichtlich schmecken ließen und nachts kochte sie für uns beide Tee. 

Ich staunte nicht schlecht, als wieder die Dämmerung einsetzte und es wieder dunkel zu werden begann und sich die zweite Nacht ankündigte. Abends drehte ich meine Runden meistens alleine. Ab und zu unterhielt ich mich mit Leidensgenossen. Die Gespräche halfen über die Strapazen und verkürzten die Zeit. Am frühen Abend warf ich das erste Mal einen Blick auf den Runden - Monitor, der die aktuellen  Zeiten und Position anzeigte. Ich lag an dritter Stelle und freute mich sehr darüber. 

Wenig später wurde ich am Schützenplatz von Marek und Bernhard informiert, dass ich auch Chancen auf den 2. Platz hätte, genauso gut aber auch aus den TOP 3 fliegen könnte. 

So etwas weckte vollends meinen Kampfgeist und ich schaffte es noch einmal (m)eine Energiequelle in mir anzuzapfen, die es mir ermöglichte in der Nacht dem bis dahin Zweitplatzierten Frederic den Platz abzuluchsen und meinen Vorsprung auf eine Stunde auszubauen. 


Im Ziel kurz nach 3h ... ein stiller Sieg

Schließlich kurz vor 3h morgens stand die letzte Runde an, die traditionsgemäß gegen den Uhrzeigersinn in Begleitung der Crew gelaufen wird. Es bot sich die Gelegenheit sich von allen auf der Laufstrecke befindlichen Athleten persönlich zu Verabschieden.

Schließlich war es um 03.20h soweit, als ich endlich die Finishline am Schützenplatz  nach 44:02:59h überquerte. Es war still, nicht viele Menschen anwesend. Wolfgang Kulow begrüßte mich und gratulierte mir zum erfolgreichen Finish. Es folgte ein Schlussfoto im Strandkorb, den ich nur von der Homepage her kannte. Eine tiefe Zufriedenheit erfüllte mich. Simone saß neben mir und auch ihr sah ich an, dass sie nun happy war, dass das Rennen vorbei war.

Ohne ihren unermüdlichen Einsatz an diesem Wochenende wäre die Teilnahme am Triple nicht möglich gewesen

Ich wollte nur noch ins Bett und um kurz nach 4h war es dann auch endlich soweit. Obwohl ich relativ schlecht in dem Bett der Ferienwohnung geschlafen hatte, fiel ich nach ein paar Minuten in tiefen schlaf und wachte erst gegen Mittag wieder auf.

Wir freuten uns sehr auf die Siegerehrung am Sonntagabend. Gab sie mir doch die Gelegenheit alle Starter noch einmal zu treffen.

Die Sieger des diesjährigen Triple Ultra Triathlon (v.l. Alexander Skrypek Platz 2, Thorsten Eckert Platz 1 und Frederic Pettaros Platz 3)

Wir posierten noch einmal für's Gruppenfoto, freuten uns über die erbrachte Leistung, hielten noch einen kleinen Plausch bevor wir uns verabschiedeten und jeder wieder seiner Wege ging, dem nächsten Abenteuer entgegen. Für mich geht es in drei Wochen bereits weiter in die Schweiz zum SWP Swiss Peaks Ultra. Einem Traillauf über 360km und 26.000 Höhenmeter von Oberwald nach Le Bouveret.

Ein letztes Gruppenfoto der glücklichen und geschafften Finisher



Mein Dank gilt den freiwilligen Helfern, meinen Mitstreitern, meiner Familie und Freunden, die mich aus der Ferne mental unterstützt haben  und ganz besonders Simone, die auch in den "dunklen" Stunden mir zur Seite gestanden hat. 



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