CAPE WRATH ULTRA - 2024

"You can't always get what you want, but if you try sometimes, well,
you might find, you get what you need."
- The Rolling Stones


“Anything that can go wrong will go wrong.” - Murphy's Law


"Der hindernde Weg wird zum Weg."- Marcus Aurelius



Der Pub "The Worlds End" machte freitags gegen 12h dicht und trieb die Partylöwen in den Regen hinaus, auf die mit Kopfstein gepflasterten Straßen von Edinburgh. Ich lag auf meinem Bett in einem dunklen Hotelzimmer mit blau gestrichenen Wänden und braunen Vorhängen vor einem Fenster, das eher einer Schießscharte glich. Unruhig wälzte ich mich herum und zählte die Stunden, bis mich der Zug von der Waverley Train Station über Glasgow nach Fort William bringen würde. 

Der Freitag hatte sehr früh begonnen. Um 04:00h war die Nacht vorbei. Es war noch still im Haus, während ich mir im warmen Licht meiner Badezimmerlampe die Zähne mit der einen Hand putze und mit der anderen die Flug-Informationen auf der KLM App abrief. "Ihr Flug KL1838 NUE-ASM am 17/05 wurde annulliert. Wir bitten vielmals um Entschuldigung. Wir suchen eine Lösung und werden uns schnellstmöglich mit Ihnen in Verbindung setzen." Was jetzt? Ich hatte die Option über die App einen alternativen Flug zu buchen, da kam auch schon die nächste Meldung rein: "Ihr Flug KL1838 MAY17 fällt leider aus. Wir bitten vielmals um Entschuldigung. Neue Buchung auf KL1840 MAY17 NUE-AMS 09:55." Das bedeutete noch genügend Zeit meinen Anschlussflug in Amsterdam nach Edinburgh zu erwischen. Ich freute mich über die Möglichkeit auf ein paar Stunden extra Schlaf und so kroch ich wieder ins Bett zu meiner Frau und schlief schnell wieder ein. 

Der Cape Wrath Ultra ist ein episches, 400 km langes Ultra-Endurance-Rennen, das die wildesten und abgelegensten Landschaften Schottlands durchquert. Seit seiner ersten Austragung im Jahr 2016 hat sich dieses Rennen als eines der härtesten und zugleich landschaftlich schönsten Ultra-Rennen der Welt etabliert. Benannt nach dem Cape Wrath, dem nordwestlichsten Punkt des britischen Festlands, führt das Rennen die Teilnehmer von Fort William bis zum ikonischen Leuchtturm.

Ein paar Stunden später stand ich ausgeruht auf und nach einer belebenden Tasse Kaffee gings auch schon zum Flughafen, wo mich eine weitere Überraschung erwartete: "Ihr Flug KL 1840 nach AMS ist verspätet. Wir bitten Sie dafür um Entschuldigung. Die voraussichtliche neue Abflugzeit ist 10:25 am 17/05. Bitte schauen sie unter www.klm.nl oder beachten Sie die Bildschirme am Flughafen" "Das wird wirklich knapp mit dem Umsteigen in Amsterdam werden", dachte ich, checkte meinen Koffer ein und begab mich durch den Zoll, wo man meine Laufutensilien im Handgepäck noch auf Sprengstoff untersuchte. Nachdem man keinen gefunden hatte, durfte ich schließlich weiter in den Abflugbereich. 

Um den Cape Wrath Ultra zu bewältigen, sollte man über eine außerordentliche physische Fitness und mentale Stärke verfügen. Die täglichen Distanzen und das anspruchsvolle Terrain fordern den Körper bis an seine Grenzen. Mental sollte man in der Lage sein, lange Stunden der Isolation und Erschöpfung zu ertragen und dabei fokussiert und motiviert zu bleiben. Das meine mentale Stärke bereits am Flughafen, noch vor Rennbeginn eine Rolle spielen würde, hatte ich jedoch nicht erwartet.

In der Luft ging das Drama weiter. Lange Rede, kurzer Sinn. Aufgrund der Ausfälle musste ich mich nach einem Hotel für eine Nacht in Edinburgh umsehen.

Als Vorbereitung auf den Cape Warth Ultra hatte ich mich an lange mehrtägige Trainingseinheiten gewöhnt, um die körperliche Ausdauer und die Fähigkeit zur Erholung zwischen den Etappen zu verbessern. Ebenso war Training auf ähnlichem Terrain, wie das des Rennens ein wichtiger Bestandteil der Vorbereitung, um sich an die Herausforderungen der Strecke zu gewöhnen. Ich fuhr zu diesem Zweck zu sich jeder bietenden Gelegenheit in die Alpen um dort in trailigen, anspruchsvollem Gelände zu trainieren. Der Aufbau einer starken Muskulatur in Beinen und im Rumpf ist ebenfalls empfehlenswert, um den Belastungen des Geländes standzuhalten. Weiter gehörten regelmäßige Visualisierungstechniken und Meditation zu meinem Trainingsprogramm, um mit der Bewältigung von Schmerzen und Erschöpfung zurecht zu kommen. 

Nach einer unruhigen, ungeplanten Nacht in Edinburgh ging es am Samstag endlich weiter mit dem Zug. Zunächst nach Glasgow, wo ich in den Zug nach Fort William umsteigen musste. Am Gleis tummelten sich bereits viele Teilnehmer des diesjährigen Cape Wrath Ultra. Sie waren alle leicht an der für alle Teilnehmer identischen 75L Drop Bag von Ortlieb zu erkennen, die uns auf unserer gesamten Reise begleiten würde. Im Zug hatten wir alle die Herausforderung unseren reservierten Sitzplatz zu finden, weil die Wagonreihen zwar alphabetisch benannt, aber nicht chronologisch sortiert waren, was zu viel Verwunderung und Gelächter und lustigen Gesprächen führte. Eine willkommene erste Gelegenheit meine Mitstreiter kennenzulernen. 

Ich landete schließlich an einem Vierertisch mit Lukas aus Belgien und Tim aus den USA. Wir verstanden uns auf Anhieb und unterhielten uns sofort angeregt über, dass, was uns die kommenden Tage erwarten würde. Lukas hatte bereits viel Lauf und Marathon-Erfahrung und wollte sich schließlich bei einem multi-day-event beweisen. Tim war ehemaliger Radprofi und sehr viel herumgekommen. Nach seiner Karriere als Radprofi hatte er das Trailrunning für sich entdeckt und war jetzt, so wirkte es auf mich, auf der Suche nach der ultimativen Trail-Herausforderung. Beide waren mir sofort sehr sympathisch und wir sollten uns in den kommenden Tagen häufig auf einen Plausch, zum Essen, zum Chillen im Base Camp oder auf der Strecke für ein paar gemeinsame Laufkilometer treffen.

Unsere Unterhaltung verstummte kurz als der Zug an Loch Lomond vorbeiratterte und wir begeistert aus dem Fenster blickten. The Bonnie Banks o’ Loch Lomond kam uns summend in den Sinn. Leider war keiner von uns textsicher genug, um ein Ständchen zu singen. 

Fort William - im Hintergrund Loch Linnhe


In Fort William gibt es zahlreiche Unterkunftsmöglichkeiten Hotels, B&B's und Ferienwohnungen. Mein Hotel für die Nacht befand sich direkt gegenüber der Fährstation am Loch Linnhe, die uns am Renntag zum Start schippern würde. Während des Rennens waren wir in Camps, die vom Veranstalter organisiert wurden, untergebracht. Wir waren in 8 Mann Zelten untergebracht, die jeden Tag ab- und am Zielort wieder aufgebaut wurden. 

Am Nachmittag fand das Race Briefing und ein kleines Abendessen im ortsansässigen Fort William Football Club statt. Den ganzen Tag über schien die Sonne und eine leichte Brise hielt die Midges (kleine unangenehme Vampire mit einer Vorliebe für menschliches Blut) in Schach. Das Race-Kit wurde auf seine Vollständigkeit kontrolliert, es gab letzte Instruktionen für den kommenden Tag und der GPS-Tracker wurde erklärt, der auch als SOS Sender diente. Zurück im Hotel ging ich früh zu Bett, um noch einmal ruhig und lange zu schlafen, weil ich in den kommenden Tagen mit einer Luftmatratze und Schlafsack vorlieb nehmen musste.

Race Briefing First Wave

Während des Rennens, bzw. auf den Stages ist man komplett aus sich gestellt. Man muss genügend Nahrung und Wasser mitführen, weil es auf der Strecke keine Versorgungsstellen gibt. Im BaseCamp gibt es lediglich Frühstück, Snacks und Abendessen. Das Essen für die Strecke und für den Tag brachte man selber mit. In meinem Fall hatte ich ca. 5kg Lebensmittel dabei. Angefangen von Gummibärchen über Schokolade, vegane Salami, Brot, Nüsse, Chips, Salzstangen hatte ich mir auch genügend Elektrolyt und Salztabletten eingepackt. Meine Trinkblase und Softflask-Trinkflaschen füllte ich jeden Morgen im Base Camp auf und unterwegs trank ich durch meinen Wasserfilter aus Bächen und Flüssen, die wir querten oder am Wegesrand verliefen. Einige Athleten verzichteten auf Wasserfilter und tranken das Wasser ungefiltert. Das schien mir ein unnötiges Risiko an Bakterien oder Viren zu erkranken, dass ich nicht eingehen wollte. Bei der Wasser-aufnahme achtete ich stets darauf, dass keine Weidetiere in der Nähe waren und auf Verunreinigungen. Wenige Tage später breitet sich im Camp ein hochansteckender Norovirus aus, der zahlreiche Crewmitglieder und Läufer erwischte. Dazu später mehr.



Mit der Fähre geht's zum Start


Endlich RACE DAY! Ich startete in der ersten Welle um 11:00h. Wir trafen uns in der Nähe der Fähre, wo wir unseren GPS-Tracker erhielten und dann brachte uns die Fähre über den Loch Linnhe wo wir standesgemäß von Dudelsack-Melodien empfangen wurden und ein paar hundert Meter die Straße raufgeschickt wurden zur Trislaig Village Hall wo schließlich der erlösende Startschuss fallen sollte. Die Stimmung war sehr entspannt und locker. Ich empfand keinerlei competition zwischen den Läufer´n, wie ich es von anderen Veranstaltungen gewohnt war. Das wirkte sehr entspannend auf mich. Der Startschuss fiel und wir liefen einfach los. 




Tag 1 Fort William nach Glenfinnan
Distanz ca. 33km (20.5 miles) Höhenmeter ca. 500m

Der Lauf begann mit einer ca. 11km langen geraden Straße Richtung Süden, die den Einstieg in die abgelegene westliche Küstenregion Schottlands markierte. Die Strecke verlief entlang des Cona Glen, einem Tal, dass durch Gletscher geschaffen wurde, über die Ardgour Halbinsel. Ich schlug ein gemütliches Tempo für die erste Etappe an. Der Plan war die Landschaft zu genießen und einen ersten Eindruck gewinnen über die Begebenheiten der Strecke und des Terrains, dass mich in den kommenden Tagen erwarten sollte. Auch bot sich die Gelegenheit mit dem ein oder anderen Läufer ins Gespräch zu kommen. Was mir sofort auffiel war die Vegetation und wie schön alles blühte. Der Frühling hatte Einzug gehalten in Schottland.

Start in Trislaig

Im Verlauf des Nachmittags ließ sich auch immer öfters die Sonne blicken und nach 04:15:44h war die erste Etappe auch schon Geschichte. Über den Check Point und der Cut Off Zeit 14:00h musste ich mir zu keinem Moment Sorgen machen. Ein Shuttle brachte uns ins erste Base Camp nach Glenfinnan. Hier lernte ich auch gleich meine Tent Mates kennen. Da war Jan, mit dem ich bereits im Vorfeld über Facebook kontakt hatte. Jan kam aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft Erlangen und er hatte sich viel vorgenommen für sein Abenteuer Cape Wrath Ultra. Dann war da Christian aus Stuttgart, Florian aus Tirol, Michael aus Australien, Campell und Berry aus England und Martin aus Tschechien. 

Glenfinnan Viaduct

Vor dem Abendessen gingen Lukas, Tim und ich uns im Fluss unter dem Glenfinnan Viaduct (berühmt aus den Harry Potter Filmen) abkühlen und wuschen uns ab, so gut es ging. Das Abendessen war komplett vegan bzw. vegetarisch. Es gab für mich jeden Abend eine vegane Alternative. Fleisch und Fisch wurden überhaupt nicht serviert. Das Frühstück und Abendessen waren jeden Tag ein absolutes Highlight für mich. Als veganer kam ich voll auf meine Kosten. Ich hatte bisher noch nie so gut auf einem Event gegessen. 

Dinner:
Cassoulet / Vegetable Stew - Served with a crusty sourdough roll and butter, Pomme Duchesse potatoes and peas or beans

Meine erste Nacht in dem 8 Mann Zelt war sehr unruhig und ich fand kaum Schlaf. Mein Bunk Mate schnarchte zudem ein wenig, was nicht schlaffördernd für mich war.


Tag 2 Glenfinnan nach Kinloch Hourn
Distanz ca. 57km (35 miles) Höhenmeter ca. 1.800m

Vor jedem Start wurde im Base Camp die Pflichtausrüstung, die es täglich mitzuführen galt, überprüft. Es gab ein mandatory kit sowie ein cold weather und hot weather kit. Das Camping Kit wurde nicht überprüft. Das mandatory kit bestand aus Regenjacke, Regenhose, einem warmen synthetic Layer, einer Kopfbedeckung, Handschuhen, Essen, Stirnlampe, Tasse, Pfeife, Geld, Wasserflasche und obligatorisch passenden Laufschuhen, Laufrucksack, dem GPS-Tracker und der Race Karte sowie einem Kompass, damit zur Not die Orientierung ohne GPS Gerät oder Uhr möglich war. Das Navigieren mit Karte und Kompass hatte ich zuhause ein paar Male geübt und musste feststellen, dass dies gar nicht so einfach war. Ich hoffte inständig darauf nicht auf diese Art der Navigation angewiesen zu sein. 

Nach einem Frühstück bestehend aus Porridge und einer Banane sowie einer Tasse instant-Kaffee unter dem Midges-Netzt, gings auch schon los auf die zweite Etappe nach Kinloch Hourn. Die Route führte stetig aufwärts in abgelegenes Gebiet, ohne jegliche Zivilisation. An einigen Stellen mussten wir kleinere Flüsse überqueren und ich machte erstmalig die Erfahrung, wie es ist mit nassen Füßen bzw. nassen Schuhen länger zu laufen. Durch das eigene Gewicht wurde bei jedem Schritt wieder Wasser aus dem Schuh gedrückt und nach einer gewissen Zeit fühlten sich die Füße sogar wieder einigermaßen trocken an. Im BaseCamp konnte ich Läufer beobachten, die dazu über ihre Socken Plastiktüten gezogen hatten und so mit den nassen Schuhen im Camp umherliefen um die Schuhe wieder trocken zu bekommen.


Kurz vor dem CeckPoint 2 bei KM 32 konnten wir am Strand entlanglaufen und ich nutze die Gelegenheit ein paar Muscheln zu sammeln. Im weiteren Verlauf füllte ich erstmals meine Trinkflaschen mit Wasser aus dem Fluss und trank gierig das kühle Nass. Es schmeckte anders als unser "Stilles" aus der Flasche, im positiven Sinne. Das Trinken aus dem Fluss war für mich eine neue Erfahrung. Wann trinkt ein Stadtmensch Wasser aus einem Fluss? Wann ist man den Elementen Tag und Nacht ausgesetzt ohne ein festes Dach über dem Kopf? Wann bewegt man sich in Gegenden ohne Weg, ohne Straße, durch eine Landschaft, in die der Mensch nicht eingegriffen hat? Bei uns kommt Wasser aus dem Wasserhahn, Essen aus dem Supermarkt, Strom kommt aus der Steckdose und das Geld kommt von der Bank. 

Auffüllen der Wasservorräte

Auf den letzten Kilometern traf ich Liliana, mit der ich die letzten Meter zum Base Camp 2 zurücklegte. Ein paar Tage später sollten wir uns wieder auf dem Ben Dreavie treffen.  Im Base Camp angekommen, erfuhr ich, dass mein Bunk Mate Florian bereits am Morgen wieder abgereist war. Ich hatte demnach eine Kabine nun für mich alleine. Am Abend traf ich Tim im medical tent, wo er sich versorgen ließ und auch ich mir mein Knie und Achillessehne Tapen ließ. Er berichtete stolz, dass er sich aktuell auf der 3 Position des gesamten Läuferfelds befand. Nur sein Knöchel machte ihm zunehmend Probleme, weil er das nasse und sumpfige Terrain nicht gewohnt war. Martin aus meinem Zelt hatte den Cutoff des heutigen Tages am Checkpoint 2. nicht geschafft. Er wirkte sehr enttäuscht und niedergeschlagen und berichtete, dass er ohne Wertung weiterlaufen wolle oder auf den Explorer wechseln werde. Hierbei handelte es sich um eine abgeschwächte, nicht kompetitive Variante des Cape Wrath, die jedem Teilnehmer zur Verfügung steht, der die Cutoff-Zeiten nicht einhalten kann. Ein gewisses Kontingent der Teilnehmer entscheiden sich von vornherein für den Explorer. 

Ich ging früh zu Bett und wurde nur noch einmal gegen 23:00h leicht wach. Im Halbschlaf bekam ich mit, dass auch mein Tent Mate Michael aus dem Rennen ausgeschieden war. Er kam völlig erschöpft kurz nach 22:00h im Camp an und musste medizinisch versorgt werden. Was die genauen Gründe für seinen Zustand und die späte Ankunft im Camp waren, erschlossen sich mir nicht. Am nächsten Tag reiste er ab.

Dinner:
Shepherd's Pie - Served with creamy mash, lentils and vegetables and a thick, dark gravy, served with mixed vegetables


Tag 3 Kinloch Hourn nach Achnashellach
Distanz ca. 68km (42 miles) Höhenmeter ca. 2.400m

Die Landschaft auf dem Trail ist reich an vielfältiger Flora und Fauna. Wir konnten seltene Pflanzenarten wie den schottischen Ginster und Heidekraut sehen und viel Rotwild. Die abgelegenen Gebiete boten uns einen einzigartigen Einblick in die unberührte Natur Schottlands. Unterwegs passierten wir historische Burgruinen, uralte Steinkreise und traditionelle schottische Dörfer. Sehenswürdigkeiten wie das Glenfinnan-Viadukt und die Ruinen von Ardvreck Castle gaben kulturelle und historische Einblicke in die Region. 

Nach einem herzhaften Frühstück bestehend aus veganem Rührei, baked Beans und veganen Würstchen sowie eine Tasse Kaffe gings um kurz nach sieben auf die bisher längste Strecke nach Achnashellach. Gleich nach dem Base Camp ging es von Knoydart nur noch auf- und abwärtst über die Berge und Täler von Kintail. Die Sonne stand schon am Himmel und es sah nach einen langen, heißen Tag aus. Ich freute mich schon auf die Glomach Wasserfälle vor Checkpoint 2. 

Oberhalb der Glomach Wasserfälle

Kurz vor der Kintail Lodge überholte mich Tim und wir beschlossen eine Weile gemeinsam weiterzulaufen.  Ich mochte seine Begeisterungsfähigkeit, irgendwie typisch amerikanisch und sehr sympathisch.  Am Checkpoint 1 spendierte er mir ein veganes Cookie und eine Limo, die ich dankend gierig runterschlang. Wir unterhielten uns über seine nächsten Projekte, dem Brimstone Race. Dort wolle er die 100 Meilen in Angriff nehmen. Das Gelände dort, so berichtete er, sage ihm mehr zu, weil i.d.R. trocken und nicht so sumpfig, ohne Fluss-Querung und großzügige Cutoff Zeiten, sodass auch eine Pause im Pub am Wegesrand drin sei. Ich solle auf jeden Fall nach Virginia kommen und dort an den Start gehen. Vielleicht kann das tatsächlich ein künftiges Projekt in Verbindung mit einem Urlaub in den Staaten werden.

Auf der Strecke ging der Reißverschluss seines Rucksacks entzwei und er musste unbedingt seinen Wasservorrat aufbessern. Unterhalb eines Schafspferchs wollte er in einem Bach das Wasser nachfüllen. Ich riet ihm davon ab, aber er meinte nur, dass es schon nicht so schlimm sein werde. Suit yourself. Jeder ist schließlich für sich selbst verantwortlich und wir sind alle voll mit guten Ratschlägen, schätze ich. Schließlich schlug Tim wieder seine ursprüngliche schnelle Pace an und flog davon. 

Kurz vor den Glomach Wasserfällen traf ich Jan, der sich aktuell an dritter Position befand, wie er langsam den Trail entlangging. Ihm war schlecht, berichtete er und er habe sich bereits übergeben müssen. Ob vor Anstrengung oder ob er sich bereits mit dem Norovirus, der im Camp grassierte, angesteckt hatte, konnte er nicht sagen. Sein Plan war am nächsten CheckPoint auszusteigen. Ich versuchte ihn zu ermutigen weiterzumachen, aber er hatte seine Entscheidung bereits getroffen. Und so passierte ich alleine CheckPoint 2 und eine Herde Rotwild, die im Schatten einiger Bäume grasten. 

Kurz vor dem Ziel lief ich am Carron River statt nach links nach rechts und verhedderte mich im Unterholz am Flußufer. Der Carron River ist eine der größten Fluß-Querungen für die Athleten auf dem Trail. Nach einer mehrminütigen Orientierungsphase erreichte nach 12,5h abends gegen 19:30h wohlbehalten das BaseCamp 3. Später am Abend traf ich Lukas an, als er die Etappe beendete. Er berichtete von einer emotionalen Achterbahnfahrt auf der heutigen Etappe, weil der Tag für ihn so lang gewesen war. 

Dinner:
Tikka Massala - Served with rice, slaw and a green salad with citrus dressing and naan bread. 


Tag 4 Achnashellach nach Kinlochewe
Distanz ca. 35km (22 miles) Höhenmeter ca. 1.400m

Teilnehmer sollten grundlegende Erste-Hilfe-Kenntnisse haben. Ein persönliches Erste-Hilfe-Set gehört zur Pflichtausrüstung. Der Veranstalter bietet medizinische Unterstützung in den BaseCamps an. So ließen sich mir eingeschlossen viele Teilnehmer abends und Morgens die Füße bzw. kleinere Verletzungen wie Blasen und Risse oder Schürfwunden behandeln. 

Nach jeder Etappe galten für mich folgende Prioritäten: 1. trockene Füße, 2. Hydration, dazu gab es gleich nach Zieleinlauf einen Regenerationsdrink, 3. Ernährung, Protein und Kohlenhydratreiche Nahrung zur Muskelregeneration, 4. Ruhe, ausreichende Entspannung am Vorabend und früh ins Bett. 5. leichtes Stretching

Am Morgen traf ich auf dem Weg zum medical tent Tim, der mit einem Stock hinkend auf mich zukam. Er berichtete niedergeschlagen, dass sein Knöchel wahrscheinlich gebrochen sei und er deshalb vorzeitig die Heimreise antreten werde. Es tat weh, ihn so enttäuscht zu sehen. Tim schrieb mir später noch eine sehr nette E-Mail, worüber ich mich sehr freute. Ich hoffe, dass es ihm schnell wieder besser geht und der nicht ernsthaft am Knöchel verletzt ist.

Zurück im Zelt berichtet Jan, dass er heute ebenfalls die Abreise antrete werde. Eine bedrückende Stimmung herrschte im Camp an diesem Morgen. 


Torridon Hills

Um 07:20h verließ ich schließlich das Camp und lief die ersten Kilometer mit Berry aus meinem Zelt, der ebenfalls seit gestern über heftige Schmerzen im rechten Schienbein und Knöchel klagte. Noch vor dem ersten Gipfel fiel er jedoch zurück und ich machte mich weiter allein auf den Weg. Die Landschaft versank zeitweise in dichten Nebel und verlieh ihr etwas Mystisches.  Von den Torridon Hills aus konnte ich Christian erkennen, der in großen Schritten unserem nächsten BaseCamp entgegenlief. Im BaseCamp informierte er mich darüber, dass es sich mehrmals übergeben hatte und dass ich besser Abstand zu ihm halten sollte. Das Norovirus hatte Einzug ins Camp gehalten und mehrere Läufer sowie Mitglieder der Crew waren erkrankt. Auf dem Weg ins Camp hatte ich mich mit Christian noch darüber unterhalten einen gemeinsamen Ausflug zur örtlichen Tankstelle zu organisieren, um ein paar Süßigkeiten und Getränke zu kaufen. Davon konnte keine Rede mehr sein. 

Während ich meiner Abendroutine nachging, fing es an zu Regnen. Es sollte die ganze Nacht durchregnen und erst am Morgen aufhören. In der Nacht sammelte sich Regenwasser vor meine Koje und unter meiner Matratze. Wir hatten auch noch ein Leck im Zelt. 

Dinner:
Veggie Chiili - Served with rice and slaw, a green side salad, pitta bread and nachos on the side.

Dessert: veganer Kuchen mit Vanille- Soße


Tag 5 Kinlochewe nach Inverbroom
Distanz ca. 44km (27 miles) Höhenmeter ca. 1.400m

Um den Cape Wrath Ultra und seine Herausforderungen zu meistern ist die mentale Stärke ein entscheidender Faktor. Durchhaltevermögen, eine positive Einstellung und die Fähigkeit, Rückschläge zu überwinden, sind unerlässlich, um auf dem Trail zu bestehen. Im Vorfeld hatte ich das Event sehr positiv visualisiert und mir dessen Verlauf bildlich vorgestellt. Wenn es mal schwer wurde im Laufe des Tages, so setzte ich mir kurzfristige Ziele, wie z.B. zum nächsten Felsen schaffe ich es noch. Dort angekommen suchte ich mir das nächste nahegelegene Ziel aus. Ich ich versuchte mich auf den gegenwärtigen Moment zu fokussieren.

Der fünfte Tag versprach totale Wildniss. Es ging in die Fisherfield's mountains. Das Wetter zeigte seine Rauhe und regnerische Seite. Der Weg führte stetig ansteigend bergauf, Nebel und dichte Wolken hüllten die Landschaft ein. Nach ca. 14km bei Checkpoint 1 ging es ein paar Kilometer auf unbefestigtem Gelände weiter, wo mich eine spektakuläre Flussquerung erwartete. Einige Läufer nutzen den unteren Teil des Flusses, wo das Wasser nicht so schnell floss, um zu queren. Ich entschied mich für den oberen Teil, wo der Fluss von Felsplatten gesäumt war. Die Landschaft wirkte wie sibirische Tundra auf mich. Die Etappe war zwar etwas kürzer, dafür doch sehr anspruchsvoll. Ich war sehr dankbar als ich das Camp am Loch Broom nach 07:27:48h erreichte. 

Im Ziel erwartete mich jedoch eine nicht so schöne Nachricht. Ich solle mich im medical tent melden. Dort angekommen informierte man mich darüber, dass ich in Quarantäne müsse. Ich hatte beim Versorgen meiner Füße berichtet, dass sich mein Hals ein wenig Rauh anfühlte und mein Kopf ein wenig brummte. Ich war nicht sehr glücklich über diese Entscheidung aber diskutieren half in so einem Fall nicht viel und so entschied ich mich, Augen zu und durch. Packte meine Sachen und begab mich zu den "grünen" Quarantäne - Zelten. Der große Nachteil der "grünen" Zelte ist, dass es sich um sehr kleine Einmann-Zelte handelte. Man bekam keine Ausrüstung rein. Es war gerade mal Platz für das Nötigste. Zudem war man von den Menschen umgeben, die sich mit dem Norovirus angesteckt hatten. Es standen sogar separate Toiletten sowie Wassertanks zur Verfügung. Ich wurde angehalten, die regulären Toiletten und nicht jene im Quarantänebereich zu nutzen. 

Ein weiterer Nachteil war, dass ich meine Dinge für den nächsten Tag, im Regen, im Freien zurechtlegen musste, weil im Zelt dafür kein Platz war. Obwohl es noch früh am Abend war, legte ich mich in mein Zelt und versuchte so gut es ging zu schlafen. Ich hatte keine "wirklichen" Probleme, im Vergleich zu meinen Leidensgenossen, deren weitere Teilnahme am Event aufgrund der Erkrankung fraglich war. 

Dinner:
Lasagne - Layered pasta, lentils and vegetables in a creamy white sauce, served with a green side salad and slaw


Tag 6 Inverbroom nach Inchadamph
Distanz ca. 72km (45 miles) Höhenmeter ca. 1.400m

Ich hatte schlecht oder kaum in meinem Einmannzelt geschlafen und hoffte, dass es bei einer Nacht bleiben würde. Ich begann müde und etwas zerknirscht meinen Laufrucksack zu packen, vorher wollte ich noch Frühstücken und im medical tent vorbeischauen. Mit der medical crew vereinbarte ich dann, dass wenn es mir heute ebenfalls gut geht nach der Etappe, ich wieder in mein blaues Zelt zurückkehren könne. 

Noch während ich meine Sachen zusammenpackte, fiel auch schon der Startschuss um 07:00h. Ich hatte es an keinem Tag rechtzeitig zum Start geschafft, weil ich mir für alles entsprechend meine Zeit nahm und auf gar keinen Fall in Stress geraten wollte. Dafür nahm ich in Kauf mit kürzeren CutOff Zeiten zu Leben.

Immer wieder gibt es Regenschauer und stürmischen Wind.


 Der Start der Etappe verlief einer Straße entlang, die nach sehr kurzer Zeit in einen Wald führte. Von dort führte der Weg stetig bergauf bis wir uns wieder abseits von Wegen, Straßen und Pfaden befanden. Wir betraten "Southern Land" Vikinger Land. Bis Loch an Daimh führte die Strecke durch unbefestigtes sumpfiges Gelände. Die nassen Füße machten mir das Leben besonders schwer. Ich versank immer wieder im Schlamm. Mein rechter Schuh rieb seit gestern zudem sehr unangenehm stark an meiner Ferse. Fühlte sich an, als hätte ich meine Socken gegen Schmirgelpapier eingetauscht. Und jedes Mal, wenn ich im Schlamm stecken blieb wurde die Reibung verstärkt, weil ich nur mit Kraft meinen Fuß befreien konnte. So ging das kilometerweit und ich spürte, trotz Tape und Socken, wie sich die Haut langsam von meiner Ferse löste und abrieb. Den großen Zeh am linken Fuß hatte ich mir ein paar Mal so heftig in den letzten Tagen an Felsen gestoßen, dass er nun angeschwollen war und der Nagel sich langsam verabschiedete. Was blieb war ein dumpfer, pochender Schmerz, der immer dann grell aufflammte, wenn ich den Fuß stark belastete, z.B. beim Auf- oder Abstieg. 

Eine von vielen Fluß-Querungen entlang des Trails


Am CheckPoint 2 gab es ein kleines Hotel mit einem Pub. Als ich es betrat, befanden sich schon andere Läufer hier, einige, die auf den Explorer-Kurs abgewichen waren und andere wie mich, die sich eine Pause gönnten. Ich spendierte einer Läuferin eine Coke und kaufte mir ebenfalls zwei kalte Dosen. Die erste kippte ich gleich nach dem CheckPoint gierig runter. Herrlich süß und kalt und herrlich belebend. Die zweite Dose sparte ich mir für den Schluss der längsten Etappe auf. 

zwei eiskalte Dosen Coca Cola aus dem Pub 

Unterwegs traf ich Susan aus Yorkshire. Ihr Navi zeigte an, dass sie einem falschen Trail folgte. Mein Navi zeigte an, dass wir uns auf dem richtigen Weg befanden. Es hatte einige Tage vor Rennbeginn ein Update der GPX Files gegeben. Wir vermuteten, dass sie eine alte Version der Strecke heruntergeladen hatte. Nachdem die Frage der Navigation geklärt war, liefen wir einen Großteil der Strecke gemeinsam weiter und erzählten viel und so flog CheckPoint 3 an uns vorbei, während sie von ihren Marathonläufen in England berichtete. Die letzten 12 Kilometer der Etappe verliefen im unbefestigten Gelände und waren sehr anspruchsvoll und kostete uns sehr viel Energie, so dass die Unterhaltung aufgrund der Anstrengung teils verebbte. 

Kurz vor Inchnadamph liefen wir auf zwei britische Läufer auf und wir schafften es gemeinsam noch vor Regeneinbruch ins Ziel. Ein großartiges finish der sechsten Etappe. 

Eine weitere gute Nachricht erwartete mich im Camp. Ich durfte wieder in das große Zelt zurückkehren. Meine Quarantäne war somit beendet. Abends konnten wir einen tollen Sonnenuntergang in Inchadamph bewundern, der unser Camp in goldenes Licht tauchte. Die längste Etappe des Trails war nur noch Geschichte.

Sonnenuntergang im Camp - auf der rechten Seite sieht man die grünen Quarantäne-Zelte


Dinner:
Pie, Mash and Mushy Peas Served with green salad and slaw


Tag 7 Inchnadamph nach Kinlochbevie
Distanz ca. 61km (38 miles) Höhenmeter ca. 1.600m

Eine letzte große, fordernde und vor allem landschaftlich wunderschöne Etappe stand uns an diesem Samstag bevor. Nach meiner üblichen Morgenroutine, Zähneputzen, Frühstücken, Füße im medical tent versorgen lassen und packen, holte ich mir meinen Race-Tracker ab und startete kurz nach sieben. 

Der Himmel war wolkenlos und die Luft war bereits warm, was auf einen weiteren heißen Tag schließen ließ. Die Strecke führte gleich auf felsigem Terrain aufwärts auf die Flanke des Glas Bheinn. Von dort verlief der Trail wieder abwärts in Richtung Loch Beag vorbei am Eas a´Chual Aluinn was übersetzt so viel heißt wie Waterfall of the beautiful tresses - Wasserfall der schönen Locken. Am Loch Glendhu kurz vor dem ersten CheckPoint trafen wir auf einige Haflinger, die friedlich grasten. Anschließend kämpfte ich mich mit Liliane, die sich wieder in meinem Schlepptau befand, den Ben Dreavie hinauf, den einzigen Gipfel mit einer Höhe von 503m, den es beim Cape Wrath zu erklimmen gilt. Von hier hatten wir einen atemberaubenden Ausblick auf die gesamte Küstenregion. 

Technisches Terrain am Loch Glendhu

Der zweite Teil der Etappe sollte zu einem reinen Martyrium werden. Nach dem zweiten CheckPoint bei der Lochstack Lodge verlief der Trail auf einem relativ guten Pfad, den ich auf Höhe Alltan Riabhach verließ und mich durch sumpfiges Grasland zum Loch a´Garbh-bhaid Mòr durcharbeitete. Die nächsten ca. 15km ging es am Ufer Loch a´Garbh-bhaid Mòr entlang. Mein Weg bestand aus Matsch und Sumpf und noch mehr Sumpf und noch mehr Matsch, auf- und abwärts entlang des schönen Sees. Bei jedem Schritt sanken meine Schuhe im Morast ein oder ich rutsche im unebenen Gelände aus. Ich kam nur sehr langsam vorwärts. Dazwischen gab es so etwas wie Grassoden, auf die ich trat und die einen kurzen Moment Stabilität gaben. Im Verlauf der Strecke querte ich den Garbh Allt, der eine starke Strömung hatte und ich mit beiden Beinen knietief im Wasser balanciert. Das Wasser war eiskalt und wirkte sehr erfrischend auf meine geschundene Wadenmuskulatur. 

Ab CheckPoint 3 bei Rhiconich verliefen die verbleibenden 6km auf einer asphaltierten Straße nach Kinlochbervie. Meine Fußsohlen brannten wie Feuer als ich nach 11:53:12h im BaseCamp eintraf. Bei meiner Ankunft informierte man mich darüber, dass es Duschmöglichkeiten gibt. Ich musste zweimal nachfragen. Eine Dusche? Das wäre wunderbar. Ich holte gleich meine Waschsachen und mein Handtuch und begab mich zum Duschhäuschen eines ortsansässigen Sportclubs.

Als ich die Dusche betrat, schwappten mit schon Grasbüschel, Duschgelflaschen und jede Menge Wasser entgegen. Alle Duschen waren belegt aber außer mir stand niemand an. Und als ich die erste Kabine frei wurde, ging ich, ohne zu zögern hinein und dreht den Duschhahn auf. Das Wasser war eiskalt. Besser als nichts und so wusch ich den Dreck von 7 Tagen, so gut es ging ab. Ich stellte fest, dass ich zudem einen starken Sonnenbrand an Armen, Beinen und im Gesicht hatte. Als ich mich gerade abtrocknete, kamen Crewmitglieder des Veranstalters und erklärten die Duschen für heute geschlossen. Ich war als letzter in den Genuss einer Dusche gekommen. Grund war ein verstopfter Abfluss. Ich bedauerte ein wenig die Läufer, die sich noch auf der Strecke befanden und keine Dusche bekommen würden. 

Beim Abendessen und einem Plausch mit meinen Leidensgenossen saßen wir im Camp und sahen uns den Sonnenuntergang an. Ein weiterer Tag war geschafft. Wir gingen früh zu Bett, fanden aber kaum Schlaf, weil heftiger Wind an den Zeltplanen rüttelte und zerrte. 

Dinner:
Vegetable Tagine - Served with couscous Khobez Flat Bread, green leaf salad, freshly made slaw, fresh mint

Tag 8 Kinlochbervie to Cape Wrath
Distanz ca. 26km (16 miles) Höhenmeter ca. 700m

Der einzige Weg, der nach Cape Warth führt, ist entweder zu Fuß über die Sandwood Bay oder mit der Fähre von Keoldale und einer anschließend 18km langen Fahrt in einem Mini-Bus. Am letzten Tag starteten die Läufer gemäß ihrer Position im Rennen. Die schnellsten starteten pünktlich um 07:00h und dann je nach Platzierung alle 10min eine weitere Läufergruppe. Mein Start war um 07:20h da ich mich auf dem 26th Platz befand. Ich verließ das Camp jedoch erst um 07:28h und joggte locker die asphaltierte Straße bis Blairmore, wo die Route einen Knick nach Norden machte und Richtung Sandwood Bay führte. Erst als ich am Druim na Buiann, ein kleiner Hügel an der Küste, vorbei war, fiel vor mir das Land ab und ich konnte erstmals den Strand sehen. Der Weg führte über ein paar Dünen direkt an den Strand, an den Nord-Atlantik. Ich lief bis ans Strandufer, wo sich die Wellen brachen und lauschte der Brandung. 

Sandwood Bay

Von Sandwood Bay führte uns der zweite Teil des Trails durch sumpfiges Grasland (alles Militär Sperrgebiet) bis zum Dùnan Mòr, von dem, wen man ihn umrundet, endlich der Leuchtturm zu sehen ist. Ich legte einen ordentlichen Endspurt hin und rannte die letzten 2 Kilometer auf der Schotter-Straße dem Ziel entgegen. 


Nach 04:10:21 waren die 26km und somit der Cape Wrath Ultra geschafft! Ich konnte es noch gar nicht glauben. Im the ozone cafe spendierte ich einigen Läufern ein Bier und wir aßen ein paar Sandwiches. Einige erzählten was sie als nächstes vorhatten. Ich hatte keine Pläne, über die ich jetzt sprechen wollte. Schon nach ein paar Minuten hieß es "Abfahrt". Im Minibus waren noch zwei Sitze frei und so stiegen Joshua, der den Explorer lief und ich ein. Ich betrat den Bus und rief: Is this the cape wrath party bus??? Lautes Gelächter und Gegröle empfing mich. Das Radio lief auf voller Lautstärke und alle im Bus sangen Hit's wie simply the best, why does it always rain on me?, we are the champions, auf dem Weg nach Keoldale wo wir ein letztes Nachtlager beziehen würden. Kurz vor unserem Ziel wechselten wir unser Gefährt und setzten mit der Fähre über den Kyle of Durness. Nur noch die Straße rauf und wir waren im letzten BaseCamp. Hier erwartete uns eine kleine Bar mit Whisky, Gin, Rum und vielem anderen hochprozentigen Gesöff. 

Es gab eine schöne Party und Dinner mit anschließender Siegerehrung, wo wir unsere Medaillen erhielten. Ich saß mit Campbell aus meinem Zelt zusammen und spendierten uns gegenseitig eine Runde Bier. Von Martin war an diesem Abend nichts zu sehen. Er verhielt sich sehr zurückgezogen und nahm an den Festivitäten nicht teil. Gegen 22h verkroch ich mich ebenfalls zu einer letzten Nacht im Zelt in meinen Schlafsack. 

Finishers' Meal:
Ourea’s ultimate haggis (oats, sunflower seeds, green lentils) served with mashed potatoes, turnip, swede mash, peas and a rich homemade gravy

Klassenfoto Cape Wrath Ultra 2024

Nach dem Frühstück spazierten wir alle zu den bereits wartenden Bussen, die uns zurück in die Zivilisation bringen würden. Wir nahmen uns in die Arme und verabschiedeten uns, bevor jeder in seinen Bus einstieg. Campbell fuhr zurück nach Iverness, von wo er mit dem Zug weiterfuhr in den Süden. Lukas betrat ebenfalls den Bus nach Iverness und ich stieg in den Bus nach Fort William ein, wo ich im hinteren Teil einen gemütlichen Sitzplatz fand. Die anschließende Bus- und Zugfahrt zurück nach Edinburgh dauerte ca. 12h. 

Letztendlich traf ich gegen 22:00h in Edinburgh ein, wo ich mich mit meiner Frau verabredet hatte, um in den kommenden Tagen die Stadt zu erkunden.

Und so endet mein epischer Lauf durch die wilde, atemberaubende Landschaft des Cape Wrath Ultra. Acht Tage voller Schweiß, Tränen, Lachen und unvergesslicher Momente liegen hinter mir. Wenn ich jetzt auf meine schmerzenden Beine schaue und den wohlverdienten, aber absurd großen Teller veganen Haggis vor mir sehe, kann ich nicht anders, als stolz zu sein. Wer hätte gedacht, dass ich zwischen den Highland-Kühen Freundschaften schließen, in unzählige Matschpfützen fallen und mich gleichzeitig so lebendig fühlen würde? Jeder einzelne Regentropfen und jede Blase war es wert – und ja, auch die unerwartete Begegnung mit dem schottischen Wettergott, der wohl beschloss, mich täglich herauszufordern.

Ich werde die atemberaubenden Sonnenaufgänge, die stille Einsamkeit der Moorlandschaften und die warmherzige Gastfreundschaft der Menschen hier nie vergessen. Auch wenn ich mir geschworen habe, es jetzt erst einmal ruhiger angehen zu lassen, weiß ich tief in meinem Herzen, dass mich diese Abenteuerlust eines Tages wieder zurück nach Schottland treiben wird.

Bis dahin bleibt mir nur zu sagen: Mögen eure Trails stets trocken, eure Snacks immer reichlich und eure Abenteuer genauso verrückt und erfüllend sein wie mein Lauf zum Cape Wrath. Cheers und bis zum nächsten Mal – möge das Abenteuer in uns allen weiterleben!


Statistics:

Starters 172, Ultra Finishers 57 (33%), Explorer Finishers 68 (39%), Overall Completions 125 (72%)

Out of 172 starters, 122 (71%) of these were male, 50 (29%) of these were female

Of these starters, 20 nationalities were represented

There were 41 men who finished the Ultra, and 45 who finished the Explorer

There were 16 women who finished the Ultra, and 22 who finished the Explorer

The oldest Ultra finisher was 64 years old

The youngest Ultra finisher was 25 years old


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